Caligula, oder mit richtigem Namen Gaius (Gaius Julius Caesar Germanicus), war von 37 bis 41 n.Chr. römischer Imperator und Nachfolger des Tiberius. Er regierte nur vier Jahre und ging als Roms größter Tyrann in die Geschichte ein. Wie viel Wahrheit jedoch in den wilden Geschichten steckt, die sich um ihn ranken, ist nicht mehr festzustellen, da uns nur wenige authentische Beschreibungen seiner kurzen Regierungszeit erhalten sind.
Gaius war der Sohn des beliebten Feldherren Germanicus und ein Urenkel des Kaisers Augustus; er war sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits mit Augustus verwandt. Sein zweites, drittes und viertes Lebensjahr verbrachte er bei den Legionen seines Vaters am Rhein, wo ihm die Soldaten den liebevollen Spitznamen ‘Caligula’, zu Deutsch “Stiefelchen”, gaben.
Kindheit
Doch nach dem Tode seines Vaters im Jahr 19 ging seine Mutter mit ihm und ihren drei Töchtern an den Hof des römischen Kaisers Tiberius, der von Intrigen und Verschwörungen geprägt war. Mehrere Anwärter auf die Nachfolge des Tiberius kamen ums Leben und auch Tiberius’ Mutter wurde wegen angeblicher Verschwörung gegen den Kaiser in den Nahen Osten verbannt. Er wuchs nun gesellschaftlich isoliert bei seinen drei Schwestern am Hof auf. Aus dieser Zeit rührt wohl auch sein Misstrauen gegen Jedermann, das sich einer ständigen Angst vor Verschwörungen äußerte.
Nach dem Tode seines Bruders im Jahr 33 n.Chr. war er nach Gemellus, dem Enkel des Tiberius, der zweite in der Thronfolge. Er lebte schon seit 31 bei Tiberius auf Capreae (Capri) und gewann die Gunst des alternden Kaisers. Als Tiberius im Jahr 37 n.Chr. starb, stellte der Prätorianerpräfekt Macro sicher, dass Gaius, und nicht Gemellus Kaiser wurde. Gerüchten zufolge hatten er und Gaius das Ableben von Kaiser Tiberius mit Hilfe eines Kissens beschleunigt. Gemellus wurde bald nach Gaius’ Amtsantritt unter dem Vorwand der Verschwörung getötet und Macro in den Selbstmord getrieben.
Amtsantritt
Der 24 Jahre alte Kaiser war zu Beginn seiner Amtszeit enorm beliebt, denn er war der Sohn des berühmten Germanicus, stammte aus der Blutlinie des großen Augustus und bildete einen lebhaften Kontrast zu dem griesgrämigen Tiberius, der selten in Rom weilte. Großzügige Geldgeschenke, Steuererlasse und Amnestien in Hochverratsprozessen sicherten ihm die Gunst des Senats und der Prätorianergarde. Das einfache Volk Roms gewann er durch eine Abkehr vom asketischen Regierungsstil seines Vorgängers und durch opulente Zirkusspiele.
Diese Maßnahmen waren wohl wirksam, aber auch enorm kostspielig und brachten Caligula an den Rand des Ruins. Dass er im Laufe seiner Regierungszeit immer aufwändigere und brutalere Spiele inszenieren ließ, und durch große Bauprojekte seinen Nachruhm vergrößern wollte, machte seine finanzielle Lage nicht besser.
Doch etwa halbes Jahr nach Beginn seiner Amtszeit wurde er schwer krank – man vermutet heute aufgrund der Beschreibung der Symptome eine Gehirnentzündung – und war nach seiner Genesung angeblich wie verändert. Er erschien größenwahnsinnig, als ob die Krankheit ihm den Verstand geraubt hätte, doch die historischen Überlieferungen sind zweifelhaft, da sie später verfasst wurden und tendenziös sind.
Kriegsruhm
Von 39-40 n.Chr. führte Gaius einen Feldzug in Germanien, wie sein Vater es einst tat, doch es sind keine bleibenden Erfolge überliefert. Noch undurchsichtiger war seine Expedition zu den britischen Inseln im Jahr 40. Er kam nicht weiter als bis zur Kanalküste, wo er angeblich seinen Soldaten befahl, Seemuscheln zu sammeln.
Seine “Feldzüge” deuten an, dass er wohl auf den militärischen Ruhm aus war, den Tiberius und Augustus reklamieren konnten, ohne jedoch die Mühen und Kosten eines richtigen Krieges auf sich nehmen zu wollen. Auf dem Triumphzug nach seiner Rückkehr führte er angeblich Sklaven mit, die er als gefangene Germanen ausgab.
Den einzigen zählbaren Landgewinn für Rom konnte er durch die Ermordung eines verbündeten Herrschers aus Mauretanien verzeichnen. Angeblich ließ seinen Vasallen aus Eifersucht auf seinen glanzvollen Auftritt beim Staatsbesuch in Rom ermorden. Sein Reich wurde in zwei Provinzen aufgeteilt und in das römische Reich eingegliedert.
Exzess
In den Augen der Nachwelt war die Amtszeit Caligulas vor allem durch seine Selbstübersteigerung, seine Brutalität und seine Rücksichtslosigkeit gekennzeichnet. Der Überlieferung nach bemühte er sich nach Kräften, den römischen Senat zu demütigen und sein Selbstverständnis als uneingeschränkter Herrscher zu demonstrieren.
So versuchte er angeblich, sein Lieblingspferd Incitatus zum Konsul zu machen. Er soll ihm Ställe aus Marmor gebaut und den Hafer auf Goldtellern serviert haben. Belegt sind jedenfalls willkürliche Morde an Bediensteten und Todesstrafen gegen Adlige aufgrund von geringfügigen Verfehlungen, etwa Kritik am Kleidungsstil des Herrschers.
Auch bestand er darauf, sich als Gott verehren zu lassen, eine Eigenart orientalischer Herrscher, die der römischen Tradition mit ihren republikanischen Werten entgegenstand. Ausgrabungen in Rom im Sommer 2003 bestätigten zudem, dass er den antiken Tempel von Castor und Pollux in seinen Palast integrierte – ein Sakrileg, dass sein Nachfolger Claudius I. rückgängig machte.
Gaius hatte drei Schwestern, mit denen er angeblich Inzest getrieben haben soll. Ihr Bruder ließ ihnen öffentliche Ehren zuteilwerden wie keinen anderen Frauen zuvor in der römischen Geschichte; sie wurden sogar in den Verpflichtungs-Eid der Soldaten aufgenommen. Doch Drusilla starb im Jahr 38 n.Chr. und Agrippina und Livilla ließ Gaius im folgenden Jahr wegen Beteiligung an einer Verschwörung in die Verbannung schicken.
Mord
Zum Verhängnis wurde ihm wahrscheinlich, dass er eine Reihe von Hochverratsprozessen anstrengte, um sich gegen vermeintliche oder echte Verschwörungen zu wehren. Viele dieser Prozesse hat er wahrscheinlich auch inszeniert, um sich das Vermögen der Angeklagten unter den Angel reißen zu können. Dabei verstieß er auch gegen die Regel, dass Angehörige des Senats nicht gefoltert werden durften.
Im Jahr 41 n.Chr. Gaius zusammen mit seiner Gemahlin Caesonia und seiner Tochter von der Prätorianergarde ermordet. Er wurde nur 29 alt. Nur einfache Leute, die von seinen Extravaganzen und Ausgaben profitiert hatten, beklagten seinen Tod.
Quelle:
“Gaius Caesar Caligula” by Louis le Grand – Own work. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons – https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gaius_Caesar_Caligula.jpg#/media/File:Gaius_Caesar_Caligula.jpg