Was macht eigentlich … die Lokalisierung?

Was genau ist eigentlich die Lokalisierung und was macht man da so? Diese und mehr Fragen hat uns heute Robert aus der Lokalisation im Interview beantwortet.

F: Hey, Robert. Was macht man in der Lokalisierung eigentlich? Was machst du so jeden Tag?

A: Das ist ein ziemlich großes Feld, aber ich versuche es mal, greifbar zu machen: Im Kern beschäftigt sich die Lokalisierung mit der Übersetzung sämtlicher Texte, die ein Spieler zu Gesicht bekommt. Dabei werden diese Texte meist nicht nur in eine Sprache übersetzt, sondern im besten Fall in alle Sprachen. Bei Travian: Legends wären das zum Beispiel aktuell 39 Sprachen.

Unsere Aufgabe ist es sicherzustellen, dass alle Texte, die irgendwo rumschwirren, in die richtigen Sprachen übersetzt werden und dabei noch so übersetzt werden, dass unsere Spieler auch Freude daran haben. Dies betrifft dabei nicht nur die Sprachen selbst, sondern auch die technischen Aspekte, die damit einhergehen. Das ist ganz grob zusammengefasst unsere tägliche Aufgabe. Wir bekommen recht regelmäßig Texte aus den verschiedensten Abteilungen hier in der Firma, sei es z. B. das Marketing- oder das Social-Media-Team, mit der Bitte „übersetzt mal“. Wir schauen uns die Texte an, stellen eventuell noch Rückfragen und schicken die Texte anschließend an unsere externen Teams und lassen sie übersetzen. Dabei müssen wir immer im Blick haben, wann eine Übersetzung gebraucht wird, was vielleicht vergessen wurde bzw. ob jede Seite alle Informationen hat. Das erinnert manchmal an das Jonglieren von vielen Bällen gleichzeitig. Zumeist klappt das aber ganz gut.

F: Also ihr habt auch verschiedene Teams, die die Texte übersetzen?

A: Ja. In unserem Büro in München sind wir nur zu zweit. Zusätzlich haben wir in den verschiedensten Ländern der Welt unsere Übersetzer-Teams sitzen, die jeweils aus mindestens zwei Leuten bestehen. Diese sind dann für die eigentliche Übersetzung zuständig. Im Übrigen sind sie alle ganz großartig!
Häufig arbeiten wir auch mit professionellen Agenturen zusammen, wenn wir beispielsweise für eine bestimmte Sprache kein Team zur Verfügung stehen haben oder wenn jemand krankheitsbedingt ausfällt. Diese haben dann wiederum erfahrene Spieleübersetzer zur Hand, die uns bei der Übersetzung helfen.

F: Was hast du für diesen Beruf gelernt?

A: Eine richtige Ausbildung habe ich dafür nicht absolviert, sondern etwas komplett anderes studiert. Ich komme aus der Ecke der Geisteswissenschaften. Das hat nicht viel mit Übersetzungen zu tun, aber man beschäftigt sich dennoch sehr viel mit Sprachen und muss wirklich viel, viel lesen (lacht).

Angefangen hat es damit, dass ich während meines Studiums als Freiberufler Übersetzungen für Videospiele gemacht habe. Mein erstes Spiel, an dem ich richtig aktiv gearbeitet habe war Warhammer Online. Darüber bin ich dann auch an eine feste Stelle in Dublin (Irland) gekommen, wo ich als Übersetzer angefangen habe. Dort habe ich dann neben diesem Spiel auch noch an der Übersetzung anderer Spiele mitgewirkt. Ich kann mich z. B. glücklich schätzen, an der ersten deutschen Version von League of Legends mitgewirkt zu haben. Während dieser Zeit habe ich mir mehr und mehr das Handwerk angeeignet und viel über das Managen von Übersetzungsprojekten gelernt. Ich bin zusammengefasst der klassische Quereinsteiger in die Spielebranche.

F: Hast du denn davor Sprachen gelernt?

A: Nicht direkt. Ich war zwar auf einem Sprachgymnasium, habe mir aber viel autodidaktisch angeeignet, da mir schon immer viel an Sprachen gelegen ist. Auch in Spielen. Ich spiele meistens selbst gerne die lokalisierte Version eines Spiels und habe mich immer sehr darüber aufgeregt, wenn die Übersetzung und/oder die Synchronisation schlecht war. Früher war es leider keine Seltenheit, dass ein Spiel eher schwach lokalisiert war.

Das hat mich immer furchtbar geärgert und ich habe mir gedacht „ich kann das besser!“. Ich habe mich dann, als die ersten Inhalte über Warhammer Online veröffentlicht wurden, regelmäßig über die teilweise nicht so gelungenen Übersetzungen aufgeregt. Irgendwann bin ich dann angesprochen worden mit den Worten „dann mach’s doch besser!“. Das habe ich dann auch gemacht (lacht).

F: Wenn du sagst, du hast eigentlich etwas komplett anderes gelernt, gibt es dafür eigentlich dann eine „richtige“ Ausbildung bzw. kann man das lernen?

A: Ja, es gibt ganz klassische Ausbildungen oder Studiengänge z. B. zum staatlich geprüften Übersetzer/Dolmetscher. Auch ein sprachbezogenes Studium – z. B. Anglistik oder Germanistik – kann man hier nennen. Es gibt also schon eine Ausbildung dafür, speziell für Spiele und für Software jetzt aber nicht unbedingt. Da sich der Prozess einer Übersetzung für Spiele jedoch nicht wirklich von der Übersetzung eines „normalen“ Textes unterscheidet, kann man das lernen. Wichtig ist, dass du ein Gefühl für Sprachen hast, wie Sprachen aufgebaut sind, wie Sprachen funktionieren. Auch solltest du in der Rechtschreibung deiner Muttersprache fehlerfrei sein und ausgezeichnete Kenntnisse von der Sprache haben, aus der die Texte für eine Übersetzung kommen. Zudem ist es für uns als Projektmanager von Vorteil, auch andere Sprachen zumindest rudimentär zu kennen, um zu wissen, wie diese Sprache funktioniert, welche Besonderheiten sie hat und wo Probleme auftauchen könnten. Zudem muss man – für unsere Branche – auch Ahnung von Spielen haben.

Das sind so die Kernaspekte. Wenn du zum Beispiel Anglistik, Japanologie oder Germanistik studiert hast, bist du in der Lokalisierung gut aufgehoben. Wir übersetzen hier intern (außer bei Kleinigkeiten) selber zwar keine Texte, müssen aber immer antizipieren, was bei einer beauftragten Übersetzung schiefgehen könnte.

F: Wie viele Sprachen sprichst du?

A: Deutsch und Englisch sind meine Hauptsprachen, die spreche ich auch glaube ich ganz gut (lacht). Nebenbei habe ich auch Grundkenntnisse von Französisch und Russisch. Das aber eher aus der Schulzeit. Helfen tut mir das jetzt bei der Arbeit trotzdem. Kyrillisch zu lesen oder auch mal in Französisch hier und da was lesen oder erkennen ist hilfreich, aber ich kann sie jetzt nicht flüssig sprechen.

F: Aber kyrillisch zu lesen ist ja jetzt auch schon ziemlich schwierig oder?

A: Wenn man das Alphabet einmal draufhat (was schon eine gewisse Zeit dauert), ist es okay. Die Sprache an sich, Russisch hier im speziellen, ist natürlich jetzt nicht die einfachste Sprache der Welt. Trotzdem hilft es, die Wörter lesen zu können ohne dabei alles verstehen zu müssen. Zudem ist die Sprache auch für uns als Firma sehr wichtig, da wir viele Spieler aus der russischen Föderation haben.

F: Was hat dich dazu bewegt für die Spielebranche zu arbeiten? Wenn du sagst Sprachen sind dir unheimlich wichtig, warum dann nicht sowas wie Dolmetscher?

A: Weil ich Spiele unglaublich gerne mag. Ich spiele selber sehr gern und sehr viel und fühle mich von Spielen hervorragend unterhalten. Daher ist es mir wichtig, dass die Übersetzungen so gut sind, dass jeder Spieler in seiner Landessprache das Spiel so genießen kann, wie der Spiele-Entwickler es vorgesehen hat.

Der Großteil des Inhalts von einem Spiel wird neben visuellen Elementen über die Sprache kommuniziert. Sei es die geschriebene oder die gesprochene Sprache. Das ist ein unglaublich großer und wichtiger Aspekt, daher war es mir immer eine Herzensangelegenheit, dass es gut gemacht wird. Wenn eine Übersetzung gut gemacht ist, merkt der Spieler nicht, dass es eine Übersetzung ist, sondern es wirkt für ihn, als ob es nur für ihn so geschaffen wurde. Das ist unser Ziel.

F: Was für Spiele spielst du gerne? Hast du irgendwelche Lieblingsspiele?

A: Ich spiele eigentlich alles gerne. Es gibt aber kein Spiel was ich ewig spiele. Gerade habe ich zum Beispiel das erste Add-on von The Witcher 3, Heart of Stone, durchgespielt. Nebenbei spiele ich auch Rocket League, Overwatch aber auch Rail Nation. Ich spiele also alles querbeet. Außer vielleicht Horrorspiele, dafür bin ich zu schreckhaft. Ein Spiel muss mich auf jeden Fall unterhalten können. Außerdem spiele ich auf verschiedensten Konsolen, am PC oder auf dem Smartphone. Immer hier und da ein bisschen.

Das ist zu einem gewissen Teil aber auch berufsbedingt. Ich möchte ja wissen, was andere Firmen so treiben bei ihrer Lokalisierung. Daher spiele ich auch meistens die lokalisierte – also die deutsche –Version eines Spiels. So kann ich einschätzen, wer aus der Branche ein gutes Ergebnis abgeliefert und wer mal wieder einen Titel komplett verrissen hat. Letzteres wird immer seltener, außer bei Mobile-Titeln vielleicht. Da sieht man leider häufig Google-Translate-Übersetzungen. Zum Teil mit ungewollt komischen Ergebnissen.

F: Ist denn die Arbeit in der Spielebranche spaßig?

A: Ja, absolut! Sonst wäre ich wohl nicht mehr hier (lacht). Ich habe bisher in keiner anderen Branche gearbeitet, daher kann ich nicht aus erster Hand beurteilen wie es außerhalb der Games-Welt aussieht. Meine erste Vollzeitstelle hatte ich ja bereits in der Spielebranche. Mir macht es aber bisher riesigen Spaß. Man ist umgeben von vielen jungen, dynamischen Menschen, mit vielen Visionen und Ideen im Kopf. Außerdem herrscht eine sehr lockere Atmosphäre und ich muss nicht täglich im Anzug auf der Arbeit erscheinen. Es ist auch eine Offenheit da, die man glaube ich nicht überall vorfindet. Zudem sind die Branche und damit auch die Firmen sehr international. Man trifft so häufig auf Menschen aus allen Teilen der Welt und unterscheidet sich nicht nur von der geographischen Herkunft, sondern auch von vielen anderen Aspekten. Das finde ich super. Außerdem arbeitet man an Spielen. Was kann es besseres geben, als an Spielen zu arbeiten?

Vielen Dank Robert, für den Einblick in die Lokalisierung.

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